Projekt "Dorfschell"



Bruschied, 22.05.2023/p.a.

Die Wiedererweckung der alten Hausnamen

... der Anfang ist gemacht

Der "Name ist Schall und Rauch" lässt Goethe seinen Faust sagen, und er spielt damit auf deren Veränderlichkeit und Vergänglichkeit an. Denn mit dem Verschwinden des Namens verblassen auch die Erinnerungen an die Menschen, die hier einst lebten, ihre Kinder großzogen, Feste feierten und auch schwierige Zeiten überstanden.

Alte Hausnamen sind ein besonderes Stück unserer Ortshistorie. Sie folgen in ihrer Entstehung und in ihrer  Ausdrucksweise den örtlichen Besonderheiten des hiesigen Dialektes, seiner Menschen, deren speziellen Eigenschaften und oft auch ihren längst vergangenen Vorlieben und Tätigkeiten. Kurzum: Sie sind ein ganz besonderer Ausdruck eines früheren Dorflebens und Miteinanders, das es in dieser Form so nicht mehr gibt.

Genau darum geht es den Akteuren, die sich an diesem sonnigen Abend, um 19.00 Uhr, auf dem Bannhof trafen. Sie möchten mit ihrem Projekt einen Teil dieser facettenreichen Geschichte bewahren helfen.

Der Heimatverein - vertreten durch Björn Ottenbreit und Patrick Steina - hatte sich nämlich für heute vorgenommen, die erste Schieferplatte mit dem alten 

 

Hausnamen "Tilde" anzubringen. Das Haus selbst wurde 1868 erbaut. Dort lebte seinerzeit die Familie "Wagner".

Die Zeit erlaubte es noch zwei weitere Tafeln anzubringen. Nämlich "Sporsch"  -  ebenfalls im Bannhof und "Hannesmatze" im Oberdorf. 

"Damit ist der Anfang gemacht" meinte Björn Ottenbreit so treffend, als er die Bohrmaschine wieder einpackte. Jetzt  gilt es bis zur 1000-Jahr-Feier die restlichen Schiefertafeln an den Häusern zu befestigen, deren Eigentümer sich bereit erklärt hatten, das Projekt mit zu unterstützen. 

Und so erinnern die alten und wiedererweckten Hausnamen vielleicht auch daran, dass unser Dorf und seine Gemeinschaft auf einer facettenreichen Geschichte basiert.



Bruschied, 09.05.2023/p.a.

Spannender "Mai-Schnee"

Fast schon majestätisch wie eine Winterlandschaft im Schnee präsentiert sich die Natur in diesen Tagen. Wer mutig genug ist, seine Schritte durch den dichten Wald oder entlang des Waldrands zu lenken, wird Zeuge eines atemberaubenden Phänomens. Bereits aus der Ferne fällt der Blick auf den mit einem schimmernden, weißen Flaum überzogenen Boden. Es scheint, als hätte die Natur über Nacht eine schneeweiße Decke über das Land gebreitet, und je nach Perspektive gleicht dieser mysteriöse Teppich sogar einem sanften Schaum. Das Geheimnis hinter diesem faszinierenden Anblick ist ein jährlich wiederkehrendes Naturschauspiel, das man liebevoll "Mai-Schnee" nennt. Es sind die Pappeln, die ihre winzigen Samen im Frühsommer freigeben. Diese kleinen Körner sind von einer zarten Zellulosefaser umhüllt und werden vom Wind oder auch vom Wasser fortgetragen. An den Orten, an denen unzählige dieser kleinen "Wollknäuel" auf den Boden niedergehen, entsteht mitunter ein beeindruckender Teppich, der sich wie ein Zauber über das Land legt und den Betrachter ehrfürchtig innehalten lässt, was "Mutter Natur" so alles zu bieten hat.

 



Bruschied, 19.04.2023/p.a.

Vom Mittelalter bis heute

... die verschiedenen Friedhöfe von Bruschied

Für uns heute ist es selbstverständlich, dass der Friedhof in Bruschied im Oberdorf am Ortsausgang liegt. Wenig bekannt dürfte sein, dass dies keinesfalls immer so gewesen ist. In der tausendjährigen Geschichte unseres Ortes gab es mehrere Begräbnisstätten, an denen die Toten aus Bruschied ihre letzte Ruhe fanden.

Bereits zur Zeit der späten Kreuzzüge soll es eine kleine Kapelle in Bruschied gegeben haben, die dem l. Jakobus geweiht war. Hl. Jakobus geweiht war. Schriftlich bezeugt wird sie jedoch erst im Jahre 1540. Sie soll ursprünglich am Platz einer Zehntscheune erbaut worden sein. Es ist die Stelle, an der Jahrhunderte später die heutige Kirche ihren Standort fand. Beim Abriss des alten Gotteshauses fand man Sandsteinplatten und darunter die Gebeine früherer Verstorbener. Das Hof-Areal um die kleine Kapelle herum diente wohl auch als letzte Ruhestätte.

In der Folgezeit gehörte Bruschied - zusammen mit anderen Ortschaften, z.B. Woppenroth - zum sog. Kirchspiel des Hofes Hausen. Heute würde man „Kirchspiel“ wohl mit Pfarrbezirk übersetzen. Und so war es folgerichtig, dass auch die Toten von Bruschied nach Hausen überführt wurden. Prof. Dr. Seibrich wird dazu in der Chronik von „Hausen“ wie folgt zitiert: „Auf diesem Friedhof, der unmittelbar bei der Kirche [in Hausen] lag, wurden die Verstorbenen … zur letzten Ruhe gebettet.“ Heute ist dieser Platz nahe der Kirche eingeebnet und dient als Parkplatz.

Auch in der Dorfchronik von Woppenroth findet sich ein Hinweis auf diese zentrale Stellung des 

Hausener Kirchspiels und die Überführung der Toten – ebenfalls aus anderen Ortschaften. Es gibt sogar heute noch in der dortigen Gemarkung eine Flurbezeichnung „An der Totenstraße“. Die älteren Einwohner von Woppenroth sprechen immer noch von der sog. „Dorestrooß“. Mitte des 18. Jhd. änderte sich die Situation. In Bruschied wurde ein geeignetes Areal als Friedhofsgelände ausgewiesen, das am 21.04.1754 feierlich eingeweiht wurde. Johann Theodor Altmeyer und Johann Walter Wagner, beide aus Bruschied, unterschrieben damals den denkwürdigen Einweihungsakt. 146 Jahre später beschließt der Gemeinderat von Bruschied, dass der Friedhof zu klein geworden sei und erweitert werden müsse. Man kaufte zu diesem Zweck ein Stück Land unmittelbar unterhalb an. Wiederum zwei Jahre später wird die gesamte Anlage erstmals mit einer Mauer aus Bruchsteinen eingefriedet.

Bis zum heutigen Tag dient dieser Friedhof als letzte Ruhestätte für alle Bruschieder Bürgerinnen und Bürger, die sich hier beerdigen lassen möchten.

Die letzten 10 bis 20 Jahre zeigen allerdings, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich an alternativen Örtlichkeiten oder Plätzen bestatten lassen möchten.



Bruschied, 02.04.2023/p.a.

Die alten Bruschieder Hausnamen

... ein Stück Dorfgeschichte wird bald sichtbar sein

Manchmal sind sie noch zu hören. Besonders dann, wenn man mit älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern ins Gespräch kommt. Für sie scheinen sie ganz selbstverständlich zu sein. Wissen sie doch sofort, wer und auch was gemeint ist, wer noch alles früher im Haus gewohnt hat und welche kleinen und größeren Familiendramen und Geschichten sich hier ereignet haben. Ganz wichtig ist dabei auch, wer mit wem und in welcher Konstellation verwandt war. Ja, die alten Hausnamen von Bruschied provozieren geradezu diese Erinnerungen. Doch eine kleine Hürde gibt es. Natürlich erschließen sich diese speziellen Ausdrücke nur denjenigen, die etwas tiefer in den alten Dialekt hineinhören können, weil sie ihn - zumindest teilweise - noch sprechen. Aber so war das eben - früher, als die alte Sprache noch selbstverständlich und allgegenwärtig war. Sie hatte - gerade was die Identität ihrer Adressaten betrifft - eine bisweilen wenig beachtete Funktion. Denn in einer Zeit, als es noch keine unterschiedlichen Straßennamen gab war alles nur die "Dorfstraße". Fast jede Familie im Ort hatte ihren eigenen und spezifischen Hausnamen. 

"Hennrichs" wurde eine Familie im Oberdorf genannt. Sie schrieben sich Altmayer. Glasasch trugen ebenfalls den Namen Altmayer. Sie lebten auch im Oberdorf, nur auf der anderen Straßenseite. Ähnlich war es mit dem Namen "Wagner". "Waachense" lebten in der heutigen Soonwaldstraße und "Wänasch" z. B. im Unterdorf und eine weitere Familie im Bannhof.

Auch der Name "Schick" war mehrmals anzutreffen. Im Oberdorf gab es "Schicke", in der Soonwaldstraße lebte "Schicke Katt" und im Unterdorf gab es "de Schick-Joob", der mit richtigem Namen übrigens "Lindenbaum" hieß.

Über die alten Hausnamen wusste man trotzdem genau, welche Familien gemeint waren und vor allem wusste man, wo sie im Ort genau ansässig waren. 

Für weitere sprachliche Unterscheidungen gab es auch noch die Vornamen. So war "de Dummes" eine Person mit Namen Thomas, "de Jäb" der Jakob, "de Piere" der Peter, oder "de Matze" der Matthias. "Et Setsche" (eine Verkleinerungsform) war die Elisabeth und

"et Katt" die Katharina, um nur einige zu nennen. Eine andere Variante war die Verknüpfung von Beruf und Vornamen.  "Amme Sett" war  Hebamme und trug den Vornamen Elisabeth. 

Hin und wieder hatten sich auch die ausgeübten Tätigkeiten zu eigenen Hausnamen gewandelt. So steht "Strumbiewersch" für Strumpfweber, "Schummersch" für Schuhmacher oder "Schneirersch" für Schneider usw. Die Liste ließe sich leicht fortführen.

Ja, die alten Hausnamen sind wirklich etwas ganz Besonderes. Zeigen sie einerseits ein Stück ihrer dialekt-sprachlichen Entstehungsgeschichte, so lassen sie andererseits auch einen tiefen Blick in eine bereits vergangene Dorfgemeinschaft mitsamt ihren zwischenmenschlichen Beziehungen erahnen. 

Um so passender erscheint es, dass gerade im Jubiläumsjahr der hiesige  Heimatverein - in persona Patrick Steina und Björn Ottenbreit - sich diesem besonderen Thema angenommen haben. Man möchte nämlich Tafeln an den entsprechenden Häusern anbringen, in die die jeweiligen alten Hausnamen eingraviert sind und so an ihren historischen Teil der Dorfgeschichte erinnern. Seitens des Heimatvereins ist man überzeugt, dass dies auch gelingt und hofft darauf, dass möglichst viele Bruschieder dabei mitmachen, um an den infrage kommenden Häusern die Schiefertafeln anbringen zu können. Die ersten Schritte dazu - nämlich die Befragung der Hauseigentümer - wurden auch schon in Angriff genommen.

Humor und Witz erleichtern die manchmal sehr kleinteilige Arbeit zu den alten Hausnamen und deren Bedeutung (v.l.n.r.: Patrick Steina, Björn Ottenbreit)
Humor und Witz erleichtern die manchmal sehr kleinteilige Arbeit zu den alten Hausnamen und deren Bedeutung (v.l.n.r.: Patrick Steina, Björn Ottenbreit)