Projekt "Dorfschell"



Bruschied, 16.09.2023/p.a.

Sternen-Kommunikation

Der Nachthimmel scheint ein unendlicher und faszinierender Raum zu sein. Abermillionen von Sternen scheinen über uns zu funkeln, und hin und wieder zieht ein Komet mit seinem hellen Schweif über den "Himmel". Doch in der Nacht vom 15. auf den 16.09.2023 bot sich über uns ein ganz besonderes Spektakel, das auf den ersten Blick nicht so recht in das übliche Erklärungsmuster passte.

An  diesem Abend war der Himmel klar und wolkenfrei. Der Mond war bereits aufgegangen als das seltsam anmutende Schauspiel beginnen sollte.

Fast wie aus dem Nichts tauchte am Horizont eine winzig helle Sternenkette auf. Langsam und fast schon majestätisch zog sie über den Himmel. Mit ihrer Form erinnerte sie an eine Perlenkette, die von einer unsichtbaren Hand gezogen wird. Die kleinen Lichter wurden allmählich heller und bewegten sich zielgerichtet in südöstliche Richtung. Es war eine sich bewegende und perfekte Formation mit beeindruckender Symmetrie. Irgendwie wirkte die ganze Szene als sei sie gerade einem Science-Fiction-Film entsprungen. Doch es war real, denn die Lichtschnur zog unaufhaltsam weiter bis sie allmählich am Rand des sichtbaren Horizonts abtauchte und schließlich verschwand. Unwillkürlich fragt man sich, was das wohl gerade gewesen ist.

Aber es ist wie so oft. Dieses so ungewöhnliche Phänomen hat – wie könnte es auch anders sein – natürlich einen sehr realen Hintergrund. Wer die Internetseite von „Starlink“ aufruft, der findet schnell die Antwort heraus.

 

Starlink ist ein Projekt von Elon Musk in Zusammenarbeit mit seinem Unternehmen „SpaceX“ und der NASA, das darauf abzielt, den Zugang zum Internet in entlegenen Gebieten der Welt zu verbessern. Dafür werden Tausende von Satelliten in den Orbit geschossen, die miteinander vernetzt sind und Daten über den gesamten Globus verteilen können.

Auf der Seite wird erklärt, dass das sog. 106. Kontingent von 22 Internetsatelliten gerade gestartet wurde und sich die Gesamtzahl der „Einheiten“ damit auf 5113 erhöht hat. Ziel soll es schließlich sein ca. 42.000 kleine Satelliten in einer vorher festgelegten Umlaufbahn zu platzieren.

Für alle "Sternen-Interessierten" gibt es sogar schon einige APP´s mit deren Hilfe sich die einzelnen Satelliten finden und verfolgen lassen (z.B. https://starwalk.space/de/news/spacex-starlink-satellites-night-sky-visibility-guide).

Das "Rätsel" am Nachthimmel scheint gelöst - aber  beeindruckend war es trotzdem.



Bruschied, 07.08.2023/p.a.

"30 sind genug!"

Langsamer durch eine geschlossene Ortschaft zu fahren lässt viele gute und überzeugende  Gründe vermuten. Beispielsweise wären dies weniger Unfälle mit Personen-, Sachschaden, geringere Lärmbelästigung, weniger Abgase und Feinstaubbelastung usw. Wer würde das - erst recht als Anwohner -  nicht befürworten wollen. Genau das scheint auch hier in Bruschied der Fall zu sein. Denn der hiesige Gemeinderat hatte sich schon frühzeitig für eine Lösung entschieden, die die Höchstgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h auf 30 km/h bei den Durchgangsstraßen herabsetzt. Zu diesen Straßen gehören der Bannhof, die Soonwaldstraße und das Unterdorf. 

Am 26.07.23 begann die zuständige Straßenmeisterei damit, die entsprechenden Verkehrszeichen aufzustellen. Entlang des Bannhofs wurden für beide Fahrtrichtungen insgesamt 7 Exemplare des sog. (Verkehrs-)Zeichens 274 installiert. Im Unterdorf sind es derer 6 und in der Soonwaldstraße 5 Exemplare.

Um die jetzt entstehende Vielzahl notwendiger Verkehrszeichen zu verstehen, sollte man wissen, dass jedes dieser Vorschriftszeichen nur für den jeweils "folgenden Streckenabschnitt" Gültigkeit hat. Wenn also die Beschilderung beim nächsten Streckenabschnitt nicht wiederholt werden würde, dann dürfte man - ab dort - wieder 50km/h fahren und so weiter und so fort. Und so entstehen entlang der Straßen nach und nach die "Schilderreihen", je nachdem wie viele Streckenabschnitte vorhanden sind.

Ach ja - weitere flankierende Maßnahmen sind schon geplant. Nach einem erst kürzlich gefassten  Gemeinderatsbeschluss vom 19.06.2023 möchte man zusätzlich noch vier Geschwindigkeitsmesstafeln anschaffen. 3 davon sollen fest installiert werden und eine bliebe für den mobilen Einsatz reserviert. Die Ortsgemeinde erhielt dafür von der Dr. Wolfgang und Anita Bürkle-Stiftung 5000,- Euro und von Westnetz 500,-Euro.

Rein vordergründig geht es also um eine Verlangsamung des gesamten Durchgangverkehrs in unserem Ort, was die vielen Schilder mehr als deutlich belegen dürften. Und selbstverständlich kann man über die Sinnhaftigkeit, Notwendigkeit oder auch Kontrollierbarkeit einer solchen durchgängigen Geschwindigkeitsbeschränkung innnerörtlich trefflich diskutieren, was hier nicht getan werden soll.

Aber die Verkehrszeichen zeigen nicht nur die Höchstgeschwindigkeit. Sie liefern uns noch eine weitere Botschaft.

Denn ganz egal wie viele "Schilder" oder Messtafeln man auch immer aufstellen mag. Ihre bloße Notwendigkeit lässt ein tiefen Blick in unsere Gesellschaft erahnen, und sie spricht das offen und sichtbar aus, was zu fehlen scheint. Nämlich: "Bitte verhalten Sie sich rücksichtvoll. Es hilft uns ALLEN - und das nicht nur im Straßenverkehr".

 



Bruschied, 26.07.2023/p.a.

"Stollen" - ein besondere Läute-Code

Manchmal kommt es einem so vor, als schien die Zeit irgendwie stillzustehen, wenn ihr vertrauter Klang einen erreicht.

Die alten Glocken unserer Pfarrkirche hier in Bruschied lassen an eine Zeit erinnern, als sie in unserem beschaulichen Ort nicht nur zum Kirchgang oder zu Hochzeitsfeierlichkeiten riefen. Ihr Klang kommt zu uns aus einer Zeit herüber genau so wie damals, als es noch keinen Auto- oder Flugzeuglärm gab und die Glocken die einzigen waren, die ihre Botschaft - weit hörbar - über Dorf und Felder trugen. Egal, wo man gerade war - bei der Ernte oder Zuhause - überall hörte man, was sie mitzuteilen hatten.

Und jedesmal, wenn der Glockenklang zu hören war, wusste das ganze Dorf, dass es sowohl Freude als auch Leid bedeuten konnte.

Ein besonders berührendes und gleichzeitig auch trauriges Beispiel dafür soll in diesem Beitrag aufgezeigt werden. Wir wüssten es nicht, hätte nicht Pfarrer Dickel (1919 bis 1952 Pfarrer in Bruschied) diesen bemerkenswerten Läute-Code in seiner Chronik niedergeschrieben und damit der Nachwelt erhalten. 

Wenn in früherer Zeit jemand im Ort verstorben war, dann wurden die Kirchenglocken sehr unterschiedlich geläutet. Es war das sogenannte "Wegläuten" wie es zum Teil heute noch von älteren Mitbürgern genannt wird. Dies ist an sich noch nichts Besonderes, gäbe es nicht eine weitere Besonderheit, die heute kaum bekannt sein dürfte. 

Denn in Bruschied teilten die Glocken auch mit, ob es sich um eine erwachsene Person oder ein Kind handelte und sogar welchen Geschlechtes sie gewesen ist. 

So wurde die große Glocke nur für einen Mann genutzt und die kleinere nur für eine Frau. Dies geschah derart, dass sie 9 mal kurz hintereinander angeschlagen und anschließend durchgängig geläutet wurde. Man nannte dies das "Stollen". Dieser Vorgang wurde dreimal wiederholt. Wenn es sich bei der verstorbenen Person um ein Kind handelte, so wurde für einen Jungen wieder die große Glocke betätigt, jedoch nur zweimal "gestollt". Bei einem Mädchen war es wieder die kleine Glocke, die ebenfalls nur zweimal "gestollt" wurde.

 

Auf diese Art und Weise erfuhr die Dorfgemeinschaft, dass jemand aus ihrer Mitte für immer von ihnen gegangen war.

Das Stollen - ein Läute-Code aus der Vergangenheit
Das Stollen - ein Läute-Code aus der Vergangenheit


Bruschied, 02.07.2023/p.a.

"Mein Heimatdorf"

Es war bereits der dritte Tag der Feierlichkeiten zum 1000-jährigen Bestehen von Bruschied.

Dieser Sonntag begann mit einer festlichen Messe in unserer Pfarrkirche. Es ist genau der Ort, an dem bereits vor mehr als 450 Jahren eine winzige Kapelle stand. Und schon damals prägte das harmonische Zusammenspiel von Gesang und Gebet diesen Ort. So auch heute.

Als der Knappenchor Bundenbach mit seinem kraftvollen Gesang das „Heilig, heilig, heilig ist der Herr“ anstimmte, konnte man es förmlich fühlen. Das alte Kirchenlied - aus der Feder von Franz Schubert (1797–1828) – ließ die tiefe Verbundenheit der Menschen zu ihrem Glauben und ihren Hoffnungen auf eine gedeihliche Zukunft förmlich spüren. Es war ein würdiger und zugleich erhabener Moment.

Für die Besucher der heiligen Messe gab es noch eine besondere Überraschung. Rudolf Schmitz trug ein Gedicht vor, das der ehemalige Pfarrer Dickel 1939 verfasst hatte. Die Worte, die er darin für sein „Heimatdorf“ fand, fesselten die Zuhörer und berührten ihre Herzen. Es war eine Ode an Bruschied, an die Heimat und auch an die Schönheit unseres kleinen 1000-jährigen Dorfes.

Nach diesem feierlichen und inspirierenden Beginn des Tages konnte man beim geselligen und gemütlichen Frühschoppen seine Gedanken vertiefen, bis es Zeit für das Mittagessen war.

Schnell hatte sich eine Schlange am Mittagstisch gebildet. Das köstliche Essen mit Backesgrumbiere aus dem alten Backhaus und Fleischwurst, das von engagierten Freiwilligen zubereitet wurde, versprach eine kulinarische Freude. Der Musikverein „Harmonie“ Bundenbach füllte mit seinen Melodien das ganz Festzelt und traf den musikalischen Geschmack der Zuhörer.

Und so neigten sich am späten Nachmittag allmählich die dreitägigen Feierlichkeiten ihrem Ende zu. Zeit also, ein kleines Resümee zu ziehen und kurz innezuhalten. 1000 Jahre Bruschied sind schon etwas Besonderes. Und so war ein stolzes und auch dankbares Gefühl zu verspüren, dass man Teil dieser einmaligen Feierlichkeiten sein durfte. Dieses Fest war ein lebendiges Beispiel dafür, wie es viele freiwillige Helferinnen und Helfer geschafft haben, unsere gemeinsame Geschichte aufleben zu lassen, sie zu ehren und gleichzeitig viele schöne Erinnerungen zu schaffen. Ganz egal, wie schnell die Zeit voranschreitet und welche Veränderungen auch anstehen mögen, die wahre Kraft unseres Dorfes liegt nicht allein in seinen Gebäuden oder Straßen, sondern in den Menschen, die es bewohnen, die es lieben und die sich für ihre Heimatdorf engagieren. 

Und es ist genau dieses Heimatgefühl, das uns daran erinnert, dass das wahre Vermächtnis eines Dorfes nicht nur in den Jahrhunderten seiner Existenz liegt, sondern auch in den Geschichten und all den Erinnerungen, die von Generation zu Generation weitergetragen werden.

Deshalb gilt ein ganz besonderer Dank dem Organisationsteam und allen Unterstützerinnen und Helfern, die dieses Festwochenende mit ihrem Engagement überhaupt erst ermöglicht haben. Es war ein tolles Fest !!!

Danke!!! 

 



Bruschied, 01.07.2023/p.a.

"Alt wie ein Baum.."

Wer kennt ihn noch, diesen einprägsamem Text der "Puhdys" aus dem Jahr 1976.

Man möchte ergänzen: "...und noch viel viel älter" ist Bruschied. Doch von vorne:

Die Feier zum 1000-jährigen Bestehen von Bruschied geht am heutigen Samstag gewissermaßen in die "Zweite Runde". Mit Köstlichkeiten vom großen Kuchenbuffet, das nichts zu wünschen übrig ließ, war es leicht, in einen geselligen Nachmittag zu starten. Denn schließlich stand der offizielle Teil dieses besonderen Jubiläums noch bevor. Um 17:00 Uhr eröffnet Ortsbürgermeister Thomas Engbarth die Redebeiträge mit einem weiten Blick zurück in die Entstehungszeit unseres Dorfes. Herr Thomas Jung, Bürgermeister der Verbandgemeinde Kirner Land, und Frau Bettina Dickes, Landrätin unseres Landkreises, würdigten die jahrhundertelange Entwicklungsgeschichte von Bruschied und hoben gleichzeitig ihre Bedeutung für die Gegenwart und Zukunft hervor. Jubiläen wie diese markieren deutliche Eckpunkte einer regionalen Kultur und haben nicht zuletzt sinn- und identitätsstiftende Wirkungen mit großer Symbolkraft.

Ein besonders eindrucksvolles und bildhaftes Beispiel hierfür hatte Herr Markus Fey, Ortsbürgermeister von Schneppenbach, in seiner Ansprache treffend gewählt. Stellvertretend für unsere Nachbargemeinde übergab er einen Kastanienbaum an das "Tausendjährige Bruschied". Dazu zitierte er eine Passage aus einem Song der Musikgruppe Puhdys: "Alt wie ein Baum möchte ich werden; alt wie ein Baum, mit einer Krone weit; mit Wurzeln, die nie ein Sturm bezwingt; alt wie ein Baum, der Kindern alle Jahre Schatten bringt und einer Krone weit, die über weite Felder zeigt. All meine Träume fang ich damit ein."


Ein Baum als lebendes Symbol für das Gedeihen einer Gemeinschaft, die mit ihren Wurzeln weit in die Geschichte hineinreicht, verbunden mit der Hoffnung auf eine "ausladende" und große Zukunft.

Mit solch wohlgemeinten Wünschen ausgestatte, konnte der zweite Festtag in seine abendliche Runde starten. Die Bar war bereits geöffnet, es gab Leckeres vom Grill und die Hunsrück DJ´s heizten ordentlich ein. Das voll besetzte Festzelt verwandelte sich in eine fröhliche "location", deren Höhepunkt am Abend in einer fast nicht enden wollenden Polonaise mündete. Bis spät in die Nacht hinein wurde ausgelassen gefeiert. Ja, dieser Festtag wird sicherlich noch lange in der Erinnerung der Menschen bleiben.

Und der Kastanienbaum?

Er kann bis zu 30 Meter hoch werden. Nicht selten erreicht seine Art ein Alter von 500 Jahren und mehr. 

Vielleicht wird er in Zukunft immer mal wieder ein schöner Treffpunkt werden. Ein Ort für fröhliche Feste und gemeinsame Feiern unter seinem schattenspendenden Blätterdach.

 



Bruschied, 30.06.2023/p.a.

Eine Zeitreise voller faszinierender Spuren

Unsere kleine und idyllische Gemeinde, eingebettet in die malerische Hügellandschaft des Hunsrücks, mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken. Doch hinter den heutigen Fassaden der Häuser und unter den gleichmäßig und einheitlich geteerten Straßen verbirgt sich eine faszinierende Vergangenheit, die nur darauf wartet, von neugierigen Entdeckern enthüllt zu werden.

Genau hierauf haben wohl Wolfgang Messer und Oliver Fey gesetzt, als die Planungen für diesen Rundgang im Rahmen der 1000-Jahr-Feier begannen.

Ein historischer Rundgang durch die gepflegten Straßen von Bruschied verspricht nicht nur eine Reise in die Vergangenheit, sondern auch eine Fülle spannender Geschichten und Erkenntnisse.

So begann ein sonniger Freitagnachmittag, der die Teilnehmer auf eine geschichtsgeladene Reise voller persönlicher Erinnerungen, anschaulicher Bilder und alter Hausnamen entführen sollte.

Der Zuspruch und das Interesse am Thema waren überwältigend. Damit hatte niemand gerechnet. Der Platz in der Ortsmitte reichte kaum aus, um alle Teilnehmer aufzunehmen.

Deren Vorfreude an der Geschichte unseres Ortes war geradezu greifbar, als der Rundgang am Dorfplatz startete – ein Platz, der seit Jahrhunderten der Dorfmittelpunkt ist.

Unter der Federführung von Wolfgang Messer, dem gut vorbereiteten Guide, begann die historische Reise wohlüberlegt bei „SPORSCH“. Denn dieser alte Hausname bedeutet soviel wie „Spur“. Und so wurden die Teilnehmer gleichsam auf einen historischen Pfad geschickt, der sie Schritt für Schritt immer tiefer in die Geheimnisse der Vergangenheit von Bruschied eintauchen ließ.

Gut vorbereitete Bildertafeln mit Erläuterungen waren eigens an 36 wohl ausgesuchten Punkten im gesamten Ort aufgestellt worden. Mit jedem Schritt weiter gab es vom Guide interessante und wissenswerte Anekdoten zu den Gebäudlichkeiten, ihren Veränderungen im Lauf der Jahrzehnte, die einstigen Bewohner und deren Leben. Sowohl Begeisterung als auch einfach nur Staunen waren förmlich zu spüren, als die alten Geschichten vor dem geistigen Auge wiederbelebt wurden. Manchmal waren es Erzählungen, die von den Großeltern überliefert waren. Geschichten über alte Bräuche, vergessene Traditionen und das harte Leben in einer vergangenen Zeit.

Da war die Rede vom Familienvater, der als „Layenbrecher“ bei den Arbeiten im Schieferbergwerk verschüttet wurde; oder von den Mühen und Schwierigkeiten, die man hatte, wenn mit dem Kuhgespann die Ernte eingefahren werden sollte; darüber, wie eine Giebeldreschmaschine die körperliche Arbeit bei Dreschen deutlich erleichterte; im Kolonialwarengeschäft gab es für den privaten Verbrauch Zucker und Salz aus der Sackware und die Öffnungszeiten waren „mehr als flexibel“, wie man heute wohl sagen würde. Und so erzählten die Geschichten von selbstgebranntem Schnaps, Schulausflügen auf den Teufelsfels oder dem Leben und Wirken der Gemeindeschwester im Ort. Die schwere Zeit des 2. Weltkrieges wurde ebenso aufgegriffen, wie die Geschichte Bruschieder Juden und deren Schicksal. Erinnerungen an die ehemalige Dorffeuerwehr wurden wach, das alte Schulhaus, das einem Neubau im Unterdorf weichen musste, die Dorforiginale und viele kleine und große Anekdoten – besonders aus der Kindheit und der Schulzeit.

Und so ging es Station für Station weiter.

Plötzlich geschah etwas ganz Besonderes. Irgendwie tauchten die Teilnehmer selbst in die alten Geschichten mit ein und bereicherten den Rundgang mit ihrer eigenen Erlebnissen, ihren Erzählungen über die damaligen Lebensumständen und dem, was sie selbst mit der Geschichte unseres Ortes verband und noch verbindet. 

So näherte man sich allmählich der letzten Station, der Pfarrkirche von Bruschied, einem imposanten Bauwerk mit einer reichen spirituellen und kulturellen Bedeutung. Hier erzählte unser Guide von den religiösen Traditionen des Dorfes, seinen bedeutenden Persönlichkeiten, die einst in dieser Kirche predigten, und auch von Pastor Dickel, der von 1919 bis 1951 hier wirkte und eine lange Zeit seines Lebens hier in Bruschied verbrachte. Alle lauschten und konnten sich kaum vorstellen, dass diese steinernen Bruchsteinmauern bereits viele Generationen von Dorfbewohnern „beherbergt“ hatten.

Nach gut zwei Stunden intensiver Eindrücke und vielleicht auch neu gewonnener historischer Erkenntnisse, endete die "Spur" durch die Historie unseres Dorfes am Dorfplatz.

Gerade richtig war jetzt die Möglichkeit, bei gekühlten Getränken, Pizza, Flammkuchen oder auch Schmalzbrot alle Eindrücke noch einmal Revue passieren zu lassen. Es wurde viel gelacht, lebhaft diskutiert und man genoss die entspannte Atmosphäre mit Live-Musik des Musikvereins „Edelweiß“ Schneppenbach. Lange noch - und bis in die Nacht hinein - saß man auf dem voll besetzten Dorfplatz noch beisammen.

Die alten Geschichten, die noch sichtbaren Orte, die eingängigen Erzählungen und die persönlichen Erlebnisse von früher werden wohl noch lange in den Köpfen nachhallen. Und vielleicht inspirieren sie so manchen Teilnehmer auch dazu, die Geschichte des eigenen Lebens mit anderen oder gar mit neuen Augen zu sehen.

Eines steht jedenfalls fest: Mit diesem historischem Rundgang hat Bruschied jedenfalls gezeigt, dass das Wissen um die Vergangenheit nicht nur interessant, vielfältig und inspirierend sein kann. Es erschafft ebenso ein wirkungsvolles Stück kulturelle Identität, das die Menschen gleichzeitig miteinander verbindet. 



Bruschied, 29.06.2023/p.a.

Die stille Symbolik des Schiefergesteins

Wer das romantische Hahnenbachtal entlang fährt und in Rudolfshaus die Straße nach Bruschied hinauf nimmt, der sieht sie unweigerlich am rechten Straßenrand stehen. Die Rede ist von der Schiefer-Stele im Ortsteil Rudolfshaus, die heute, rechtzeitig vor Beginn der morgigen 1000-Jahr-Feierlichkeiten, aufgestellt wurde.

Rein äußerlich betrachtet erinnert sie mit ihrer Aufschrift an die lange Geschichte unseres Dorfes und zeigt mit dem Ortswappen in ihrer Mitte auch das, was über Jahrhunderte hinweg den Ort geprägt hat. Es ist der Schiefer und seine Verarbeitung.

Inmitten dieser ländlichen Idylle scheint das Jahrtausende alte Gestein von einer ihm eigenen und stillen Symbolik umgeben zu sein. Wer sich die Zeit nimmt und genau „hinschaut“, der kann es vielleicht erkennen. Denn dieser Stein erzählt von der harten Arbeit und dem kargen Land, das einst die Lebensgrundlage der Menschen hier war.

Schiefer ist ein Werk, das von der Natur selbst geschaffen wurde - robust und doch filigran, karg und dennoch von einer einzigartigen Beschaffenheit. So symbolisiert er nicht nur die Stabilität und Beständigkeit, sondern ist auch gleichzeitig ein steinerner Zeuge der Vergangenheit unseres Ortes. Denn Generationen unserer Vorfahren haben ihr Leben mit der Arbeit in den Schieferbrüchen verbracht. Neben dem kargen Einkommen aus der Landwirtschaft war das örtliche Schieferbergwerk oft die einzige zusätzliche Einnahmequelle. Und so erzählt auch dieser Stein von zerschlissenen Händen und müden Körpern, die sich Tag für Tag der harten und gefährlichen Arbeit in der Dunkelheit der klammen Schieferstollen stellen mussten.

Er legt gewissermaßen Zeugnis ab von bewundernswertem Durchhaltevermögen und einzigartigem Können unserer Vorväter. Mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten verstanden sie es, etwas Bedeutsames und zugleich Notwendiges aus diesem grau-schwarzen und harten Gestein zu erschaffen. Es ließ sich auf vielfältige Art und Weise für Hausdächer oder zur Verkleidung von Hauswänden verwenden. Schiefer war zur damaligen Zeit nahezu allgegenwärtig. An so manchem Haus im Ort ist dies auch heute noch erkennbar.

Vor dem Hintergrund der tausendjährigen Geschichte und der anstehenden Feierlichkeiten in unserem Dorfe scheint der Stein uns allen eine Botschaft übermitteln zu wollen: „Vergiss niemals Deine Herkunft, bleibe bodenständig und beharrlich, aber entwickle dich stetig weiter!“

Ein besonderer Dank gilt der Mannschaft, die diesen symbolträchtigen Schieferstein initiiert und aufgestellt hat. Es sind dies (v.l.n.r.): Björn Ottenbreit, Patrick Steina, Dr. Heiner Felbecker, Oliver Fey, Andreas Bakos, Thomas Engbarth (Ortbürgermeister) und (vorne knieend) Herr Lebershausen aus Rhaunen, der für die kunstvolle Bearbeitung des Steines verantwortlich zeichnete.



Bruschied, 28.06.2023/p.a.

Der Countdown läuft - "Lasst uns feiern!"

Bruschied, unser kleines und malerisches Dorf, feiert in diesem Jahr ein bemerkenswertes Jubiläum: 1000 Jahre besteht es schon.

Bereits im Vorfeld wurde monatelang hart und akribisch gearbeitet, um dieses bedeutsame Ereignis gebührend zu würdigen. Nun sind endlich alle Vorbereitungen getroffen. Das Organisationsteam und alle Helferinnen und Helfer sind sich sicher, dass man mit Engagement, einer guten Portion Motivation und mit Leidenschaft für ein unvergessliches dreitägiges Fest gesorgt hat.

Viele von ihnen haben sich von Anfang an diesem einmaligen Projekt verschrieben. Man ist schließlich in seiner Gemeinde tief verwurzelt und fühlt sich dazu verpflichtet, das kulturelle Erbe seines Heimatortes zu bewahren und es gebührend zu feiern. Manche leben bereits seit ihrer Kindheit hier in Bruschied und haben eine starke emotionale Bindung an ihr Dorf. Für sie ist das Jubiläum nicht zuletzt eine Gelegenheit, die Geschichte und die Menschen von Bruschied ausgiebig und angemessen zu würdigen.

Einige von ihnen sind schon fast zu begeisterten Historikern geworden, die es lieben, in vergangenen Epochen zu stöbern und die Vergangenheit wieder zum Leben zu erwecken. Sie haben nach alten Dokumenten und Bildern geforscht, um die Geschichte von Bruschied aufleben zu lassen und Teile davon auch in einer Festzeitschrift festzuhalten. Andere Mitglieder des Teams widmeten sich mit großer Hingabe der Gestaltung und der Durchführung einer „Historischen Ortsbegehung“ und wollen interessierten Besuchern diesen besonderen und informativen Einblick in vergangene Zeiten ermöglichen. Wiederum andere widmeten sich mit ihrer Erfahrung und ihrem Know-How der Planung und Durchführung wichtiger Vorbereitungen zur Festgestaltung. Schmackhaftes Essen vom Grill am Gemeindehaus oder Leckeres aus dem Dorf-Backes gehört zweifellos ebenso dazu, wie ein volles Kuchenbuffet oder eine breite Palette an Getränken bis hin zur Gestaltung des Festaktes. All das muss sorgsam bedacht und organisiert werden.

Dennoch ist die Vorfreude in Bruschied dabei deutlich spürbar. Man könnte sagen: die Spannung steigt, während die letzten kleinen Details zu den Örtlichkeiten rund um den Backes und das Gemeindehaus abschließend und sorgsam geklärt werden.

 

Das dreitägige Fest bietet ein vielfältiges Programm für Jung und Alt (siehe Abbildung unten). Historische Führungen durch das Dorf, musikalische Darbietungen, traditionelle kulinarische Genüsse versprechen ein unvergessliches Erlebnis für alle Besucher.

Und ja - es ist eine Gelegenheit für Bruschied, sich zu präsentieren und die besondere Gastfreundschaft innerhalb einer Dorf-Gemeinschaft zu zeigen und mitzuerleben.

Eine Schlussbemerkung sei noch erlaub: Dieses Jubiläum – 1000 Jahre Bruschied - geht aber auch weit über seine Feierlichkeiten hinaus. Es markiert einerseits einen Moment der Reflexion und Dankbarkeit für die vergangenen tausend Jahre, andererseits zeigt es den Menschen, wie weit sie gekommen sind und wie wichtig es sein kann, sich der eigenen Geschichte zu erinnern und diese im wahrsten Sinne des Wortes zu zelebrieren.

 

Wie formuliert es das Organisationsteam so treffend in seinem Festprogramm: „Lasst uns feiern!“. 



Bruschied, 19.06.2023/p.a.

Wissensquiz mit Spielspaß

Bruschied und Bundenbach gegen Bad Saulgau

Sie waren schon früh angekündigt. Der "Wochenspiegel" hatte es letzte Woche bereits gemeldet. Für die bekannte und beliebte Sendung des SWR - "Stadt Land Fluss" - wurden heute im Ort Filmaufnahmen gemacht.

Das große Thema lautete diesmal "Schottland". Wie immer ging es dabei um viel Interessantes und Wissenswertes zu diesem schönen Land. Und natürlich "mussten" die Bruschieder und Bundenbacher zu den verschiedensten Themen ihr Wissen und ihre Kombinationsgabe beweisen, um möglichst viele Wertungspunkte - von insgesamt 1000 möglichen - zu erreichen.

Denn bei dieser besonderen Sendung spielten beide Ortsgemeinden zusammen gegen Bad Saulgau, eine Kurstadt im Landkreis Sigmaringen. 

 

Man darf gespannt sein, wer als Sieger im "Wissensduell" um Schottland die Nase vorne hatte. Wir werden es am 05.08.23, 18.45h, im SWR (TV) sicherlich erfahren. 

Quelle: WhatsAPP-Gruppe "Events in Bruschied" om 19.06.2023
Andreas Hailer (links, aus Bruschied) und Michael Brzoska (rechts, aus Bundenbach) bei der Suche nach einem bestimmten Symbol/Abbild.


Bruschied, 07.06.2023/p.a.

Die Spur führt nach Osten

Wenn man auf dem kleinen Dorfplatz hier in Bruschied sitzt und die mitten im Ort gelegene Kreuzung beobachtet, dann fällt es nicht leicht, sich an einen Augenblick zu erinnern, wie es damals wohl war. Damals, als sich Bruschieder von hier aus aufmachten, um einen Neuanfang in ihrem Leben zu wagen. Ein Neubeginn sollte es sein – das war wohl ihr Traum, und daran glaubten sie.

Man fragt sich unwillkürlich: Welche Gedanken mögen sie gehegt haben, und welche Gefühle hatten sie wohl, als sie sich auf den langen und unbekannten Weg begaben - nicht wissend, ob sie jemals gesund und wohlbehalten an ihrem Ziel ankommen würden. Wie würde es dort wohl sein? Was würden sie vorfinden? Wir wissen es nicht; wir wissen nur, dass sie es taten - und ganz sicher auch aus den unterschiedlichsten Motiven heraus. Sei es die Aussicht auf fruchtbares Land, die Befreiung von Steuer und Militärdienst oder auch nur die Flucht vor der Armut.

Wenn wir heute von den Bruschieder Auswanderern reden, dann ist vermutlich die große Emigrationswelle Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts gemeint.

Was aber wenig bekannt sein dürfte, ist die Tatsache, dass sich bereits hundert Jahre zuvor die ersten Familien aufmachten, um unser Dorf zu verlassen.

Damals nämlich, nach den großen Türkenkriegen, wollte die Habsburger Dynastie große Teile entvölkerter Landstriche auf dem Balkan neu  besiedeln. Die Wahl fiel dabei auf das Grenzgebiet des heutigen Ungarns, Rumäniens und Serbiens. Man nannte es das „Banat“. Im Fokus dieser Ansiedelungspolitik standen deutschsprachige Aus-/Umsiedler u.a. aus den Regionen Lothringen, Luxemburg, 

 

dem heutigen Saarland und dem Bistum Trier. Dieser "Ruf" wurde auch in Bruschied gehört. Und so kam es, dass sich von hier mehrere Bruschieder auf den Weg in Richtung Balkan machten.

Die frühen Kirchenbücher belegen dabei, dass ein Gerhard HEGG, ein Johann Niclas HEAG (?), sowie ein Johann Niclas FEY bereits 1766 diese ungewisse „Reise“ als Erste wagten. 1785 folgten „Thomas STAUDT mit 6 Personen“ und ein „Johann STAUDT mit 7 Personen“, wie es dort heißt.

Leider geben die alten Schriftstücke keinen Aufschluss darüber, ob die Familien jemals im Banat ankamen und wie es ihnen ergangen sein könnte. Hier bietet sich reichlich Raum für weitere Forschungsarbeiten.

In den folgenden 250 Jahren erlebte die Region immer wieder große  geopolitische Umbrüche. Als dann - im Jahre 1920 - die Donau-Monarchie ihr Ende fand, erfuhr das Banat eine Aufteilung auf drei verschiedene Staatsgebiete.

Die Karte unten veranschaulicht diese territoriale Zuordnung auf die heutigen Staaten Rumänien (orange), Serbien (blau) und Ungarn (grün).



Bruschied, 22.05.2023/p.a.

Die Wiedererweckung der alten Hausnamen

... der Anfang ist gemacht

Der "Name ist Schall und Rauch" lässt Goethe seinen Faust sagen, und er spielt damit auf deren Veränderlichkeit und Vergänglichkeit an. Denn mit dem Verschwinden des Namens verblassen auch die Erinnerungen an die Menschen, die hier einst lebten, ihre Kinder großzogen, Feste feierten und auch schwierige Zeiten überstanden.

Alte Hausnamen sind ein besonderes Stück unserer Ortshistorie. Sie folgen in ihrer Entstehung und in ihrer  Ausdrucksweise den örtlichen Besonderheiten des hiesigen Dialektes, seiner Menschen, deren speziellen Eigenschaften und oft auch ihren längst vergangenen Vorlieben und Tätigkeiten. Kurzum: Sie sind ein ganz besonderer Ausdruck eines früheren Dorflebens und Miteinanders, das es in dieser Form so nicht mehr gibt.

Genau darum geht es den Akteuren, die sich an diesem sonnigen Abend, um 19.00 Uhr, auf dem Bannhof trafen. Sie möchten mit ihrem Projekt einen Teil dieser facettenreichen Geschichte bewahren helfen.

Der Heimatverein - vertreten durch Björn Ottenbreit und Patrick Steina - hatte sich nämlich für heute vorgenommen, die erste Schieferplatte mit dem alten 

 

Hausnamen "Tilde" anzubringen. Das Haus selbst wurde 1868 erbaut. Dort lebte seinerzeit die Familie "Wagner".

Die Zeit erlaubte es noch zwei weitere Tafeln anzubringen. Nämlich "Sporsch"  -  ebenfalls im Bannhof und "Hannesmatze" im Oberdorf. 

"Damit ist der Anfang gemacht" meinte Björn Ottenbreit so treffend, als er die Bohrmaschine wieder einpackte. Jetzt  gilt es bis zur 1000-Jahr-Feier die restlichen Schiefertafeln an den Häusern zu befestigen, deren Eigentümer sich bereit erklärt hatten, das Projekt mit zu unterstützen. 

Und so erinnern die alten und wiedererweckten Hausnamen vielleicht auch daran, dass unser Dorf und seine Gemeinschaft auf einer facettenreichen Geschichte basiert.